Rückblick
Eine ausgewogene Anlagestrategie hat zum Ziel, verschiedene Einflussfaktoren auszubalancieren und die Rendite zu stabilisieren. Ein Investor in Anleihen stellt Unternehmen Fremdkapital zur Verfügung und wird dafür in der Regel mit einem fixen Zinssatz entschädigt. Ein Investor in Aktien ist Miteigentümer und partizipiert somit am Gewinn bzw. Verlust eines Unternehmens. Wächst die Wirtschaft, steigen tendenziell die Unternehmensgewinne und Aktien werfen eine höhere Rendite ab als festverzinsliche Anleihen. In unsicheren Zeiten suchen Investoren hingegen die sicheren Erträge der Anleihen. Üblicherweise gewinnen somit Anleihen an Wert, wenn Aktien negativen Entwicklungen ausgesetzt sind.
Nicht so in diesem Jahr. Ausgewogen investierte Investoren hatten eines der schlechtesten Jahre zu verzeichnen. Ein wichtiger Grund dafür lag darin, dass die Einschätzung des Marktes innerhalb kürzester Zeit, von anhaltend tiefer Inflation hin zu Angst vor nachhaltig zu hoher Inflation gewechselt hat. In diesem Kontext haben die Tiefst-Zinsen der vergangenen Jahre ihre Berechtigung verloren, was zu einer starken Korrektur festverzinslicher Anleihen geführt hat. Als Folge der höheren Zinsen haben auch Aktien korrigiert, weil deren Bewertung bzw. Gewinnrendite, in direkter Konkurrenz zu den Zinsen der Anleihen stehen.
Ein mehr als vierzigjähriger Trend sinkender Zinsen hat mit negativen Nominalrenditen im letzten Jahr seinen Höhepunkt erreicht und eine dramatische Kehrtwende erlebt. Entsprechend stark haben bisherige Profiteure dieses Trends an Wert eingebüsst, insbesondere Anleihen mit langer Laufzeit und teuer bewertete, defensive Qualitäts- sowie Wachstumsaktien.
Ausblick
Nachdem die US-Notenbank die Zinsschraube mit historischer Geschwindigkeit und Ausmass angezogen hat und Notenbanken weltweit dem Beispiel gefolgt sind, stellt sich nun die Frage wie gut dieses Zinsniveau von Konsumenten, Unternehmen und Staaten absorbiert werden kann. Einerseits strapazieren die höheren Zinsen und die gestiegenen Preise vieler Güter das Budget. Andererseits erweist sich der Arbeitsmarkt weiterhin als sehr robust, die Lohnverhandlungen als aussichtsreich und die Nachfrage stagniert auf hohem Niveau. Da nun auch China die Covid Massnahmen lockert, ist die Gesamtheit der Nachfrage-Effekte derzeit schwer abzuschätzen.
Sollte sich die Wirtschaft abschwächen, kann eine Zinsstabilisierung stattfinden, was sich stützend auf die Bewertung der Aktien auswirken würde. Weniger positiv dürfte dann allerdings die Gewinnentwicklung der Unternehmen ausfallen. Die verschiedenen Wechselwirkungen von Wachstum, Inflation, Zinsen und Bewertungen führen zu einer ausserordentlich anspruchsvollen Situation. Im Unterschied zur letztjährigen Ausgangslage leisten die Zinsen der Anleihen wieder einen Beitrag zur positiven Portfolioentwicklung. Die Bewertung des Aktienmarktes widerspiegelt das höhere Zinsniveau sowie zumindest teilweise, die von der Mehrheit der Ökonomen erwartete Wirtschaftsabkühlung im nächsten Jahr.
Fazit
Es empfiehlt sich für verschiedene Szenarien vorbereitet zu sein und eine langfristige Perspektive einzunehmen. Die derzeitigen Zinsen bieten eine stabile Ertragsquelle, weshalb wir die Anleihenquote erhöht und unsere Laufzeiten etwas verlängert haben. Aufgrund des starken Zinsanstiegs und den daraus folgenden Veränderungen und Risiken für Markt und Wirtschaft, erachten wir eine neutrale Aktienquote derzeit als angemessen. Die mittlerweile weniger anspruchsvollen Bewertungen stimmen uns als langfristigen Investor positiv. Wir erwarten, dass die Unsicherheiten andauern und die Marktentwicklung herausfordernd bleibt. Wir erachten dies jedoch als gute Gelegenheit neue Investitionen zu identifizieren, welche aufgrund des derzeitigen Umfelds einen Bewertungsabschlag aufweisen. In dieser Situation messen wir der Robustheit unserer Portfolios weiterhin höchste Priorität zu.
Zürich, Ende Dezember 2022.
Tiefe Inflationsraten in Begleitung von tiefen Zinsen haben hohe Bewertungen von Vermögenswerten begünstigt. Nach rund 40 Jahren hat dieser Trend mit der Covid-Krise den temporären Höhepunkt erreicht. Die strukturellen Treiber tiefer Inflationsraten sind erstmals seit langem einem Gegenwind ausgesetzt. Die Globalisierung, insbesondere die vollständige Auslagerung der Produktion, ist aufgrund geopolitischer Spannungen in Frage gestellt. Abhängigkeiten in der Energieversorgung haben unterschätzte Risiken zum Vorschein gebracht. Der technologische Fortschritt ist weiterhin unaufhaltsam, jedoch zurzeit von Lieferengpässen ausgebremst und nicht schnell genug, um den abrupt verändernden Umständen entgegenzuwirken. Zudem bietet die tiefe Arbeitslosigkeit Arbeitnehmenden eine aussichtsreiche Verhandlungsposition für Lohnerhöhungen.
Während die Angebotsseite mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert ist, hat sich die Nachfrageseite, auch dank staatlicher Unterstützung, vollständig erholt und beansprucht die bereits angespannten Lieferketten zusätzlich. Verschiedene Studien haben sich diesem Thema gewidmet und sind zur Erkenntnis gelangt, dass sowohl Angebot wie auch Nachfrage signifikant zur derzeit hohen Inflation beitragen. Im Gegensatz zur Nachfrage, benötigt die Angebotsseite Zeit und Investitionen, um diesen Herausforderungen zu begegnen.
Mit aussergewöhnlich hohen Zinsschritten versucht die amerikanische Zentralbank derzeit die Nachfrage einzudämmen und die übrigen Zentralbanken ziehen in unterschiedlichem Ausmass nach. Von Unternehmens-, Konsum- bis hin zu Hypothekarkrediten, eine restriktivere Geldpolitik trifft Konsumenten, Investoren sowie Unternehmen. Beinahe kostenfreies Fremdkapital hat bis vor kurzem Finanzierungen ermöglicht, welche bei höheren Kapitalkosten nicht mehr rentabel bzw. tragbar sind. In Kombination mit höheren Preisen, insbesondere Energiekosten, soll sich dadurch die wirtschaftliche Aktivität abkühlen, bis sich die Lieferketten wieder normalisiert haben und das Angebot mit der Nachfrage schritthalten kann. Mit einer abflachenden Nachfrage soll auch dem angespannten Arbeitsmarkt entgegengewirkt werden. Denn breit abgestützte Lohnerhöhungen im Umfang der derzeitigen Inflation könnten die Inflationsspirale endgültig in Gang setzen.
Bereits ersichtlich sind die Konsequenzen höherer Zinsen auf die Bewertung von Vermögenswerten, welche teils signifikant korrigiert hat. Mit Zinsen und somit Kapitalkosten nahe null, bestanden in den letzten Jahren kaum Opportunitätskosten. Entsprechend hat bisweilen eine gute Vermarktung ausgereicht, um eine Unternehmensbewertung in die Höhe zu treiben. Gewinne in der Gegenwart und finanzielle Bewertungskriterien sind dabei in den Hintergrund gerückt. Dieses Jahr hat Investoren eindrücklich daran erinnert, dass es nicht ausreicht einfach gute Unternehmen mit attraktiven Wachstumsaussichten zu kaufen. Die Bewertung ist langfristig ebenso entscheidend für den Erfolg einer Investition. Mit dem Ende des Tiefzinsumfelds, kommt der Bewertung wieder eine bedeutendere Rolle zu. Höhere Zinsen bedeuten höhere Opportunitätskosten und führen zu einer tieferen Bewertung zukünftiger Unternehmensgewinne. Je höher die Bewertung, desto mehr kommt dieser Basiseffekt zum Tragen. Wie schnell sich einzelne Unternehmen von dieser Bewertungskorrektur erholen, steht somit in direktem Zusammenhang dazu, wie hoch die Bewertung ursprünglich war. Des Weiteren kommt erschwerend hinzu, dass das derzeitige Umfeld mit höheren Inputkosten und sich abkühlender Nachfrage Gewinnsteigerungen kurzfristig beeinträchtigen.
Bei der Selektion unserer Investitionen kommt der Bewertung eine zentrale Bedeutung zu. Wir investieren ausschliesslich in überdurchschnittliche Qualität, setzen diese jedoch immer ins Verhältnis zur Bewertung. Nur wenn dieses Verhältnis attraktiv ist, tätigen wir eine Investition. Wir sind überzeugt, dass der disziplinierte Fokus auf beide Faktoren langfristig die besten Resultate ermöglicht. Dies gilt sowohl bei Aktien wie bei Anleihen. Aufgrund der höheren Zinsen bieten festverzinsliche Anlagen nach langer Zeit wieder eine attraktivere Ergänzung zu Aktien und ermöglichen es, in wirtschaftlich und geopolitisch unsicheren Zeiten, verlässliche und stabilisierende Erträge zu erwirtschaften.
Zürich, Ende September 2022
Rückblick
Rekordtiefe Zinsen gepaart mit hoher Inflation führen zu tief negativen Realzinsen. Um diesen Zustand zu korrigieren, müssen entweder die Zinsen steigen oder die Inflationsraten sinken. Da sich die Inflation als weniger «vorübergehend» herausgestellt hat, als es sich die Zentralbanken erhofft haben, sehen sich diese nun gezwungen die Zinsen spürbar zu erhöhen.
Waren die Bewertungen in den letzten Jahren aufgrund tiefer, teils negativer Zinsen gerechtfertigt, so ist die gegenwärtige Bewertungskorrektur basierend auf stark steigenden Zinsen ebenfalls konsequent. Kapital ist stets auf der Suche nach der attraktivsten Rendite im Verhältnis zu den gegebenen Risiken. Steigen also die Renditen der verlässlichen und stetigen Erträgen von Anleihen, erfordert dies eine Steigerung der Ertragsrenditen von Aktien, um den Risikoaufschlag gegenüber Anleihen konstant zu halten. Dies kann entweder durch eine Steigerung der Erträge oder eine Korrektur der Bewertung erfolgen.
Die derzeitige Herausforderung liegt darin, dass die Zinsen sehr schnell gestiegen sind und die Ertragssteigerungen der Unternehmen damit nicht schritthalten konnten. Hinzu kommt das Problem des Basiseffektes. Aufgrund der tiefen Zinsen sind kleine Zinsanstiege prozentual betrachtet grosse Veränderungen. Dasselbe trifft auf die Unternehmensbewertung zu, je teurer eine Firma bewertet ist, desto höher muss das Ertragswachstum ausfallen, um die gestiegenen Zinsen zu kompensieren und die Risikoprämie gegenüber festverzinslichen Anlagen aufrecht zu halten. Da sich höhere Zinsen gleichzeitig bremsend auf die Wirtschaftsentwicklung auswirken, wird das Ertragswachstum der Firmen tendenziell verlangsamt. Der anhaltende Kostendruck aufgrund angespannter Lieferketten und der aktuelle Arbeitskräftemangel verschärft dieses Problem zusätzlich.
Die Risikoprämie von Aktien ist somit beidseitig unter Druck: höhere Zinsen in Kombination mit voraussichtlich tieferen Erträgen. Besonders stark betroffen von dieser Situation sind Firmen mit anspruchsvollen Bewertungen, welche überproportional wachsen müssen, um die eigene Bewertung zu rechtfertigen. Dies sind genau die Firmen, welche in den letzten Jahren von stetig tiefen Zinsen und positiver Wirtschaftsentwicklung profitiert haben und viel Beachtung der Medien und Trendinvestoren erhalten haben.
Ausblick
Konnte man sich in den vergangenen Jahren darauf verlassen, dass die Zentralbanken einer wirtschaftlichen Abschwächung mit Zinssenkungen entgegentreten, ist die Ausgangslage dieses Mal umgekehrt. Zentralbanken sind aufgrund hoher Inflationsraten gezwungen, die Zinsen zu erhöhen und eine wirtschaftliche Abschwächung in Kauf zu nehmen. Je nach Intensität der Wachstumsverlangsamung, sollten die hohen Inflationsraten sinken und eine Stabilisierung der Zinsen herbeiführen. Es ist nicht auszuschliessen, dass die derzeitigen Investitionen der Firmen zur Beseitigung der Angebotsknappheit, bei abschwächender Wirtschaft gar in einem Angebotsüberschuss und erneut deflationären Tendenzen münden könnten.
Vieles hängt von der weiteren Entwicklung der Inflationsraten und den daraus resultierenden Zinsen ab. Positiv betrachtet erhalten Investoren auf den festverzinslichen Anlagen nach langem Warten wieder eine Rendite, auch wenn diese derzeit mit der Inflation noch nicht schritthalten kann. Bei einer allfälligen Rückkehr zu tieferen Inflationsraten, könnte sich das aktuelle Zinsniveau als attraktive Gelegenheit erweisen. Das Geld auf dem Konto ist hingegen vollständig den hohen Inflationsraten ausgesetzt, es ermöglicht jedoch mindestens temporär, von besseren Kaufgelegenheiten bei Vermögenswerten zu profitieren.
Die anspruchsvolle Ausgangslage erfordert es, bei den Aktien auf bewährte Merkmale zu fokussieren: Eine führende Marktpositionierung sichert die Ertragslage trotz steigenden Kosten. Strukturelle Wachstumsbereiche federn den Zyklus der Wirtschaft etwas ab und eine attraktive Bewertung ermöglicht es allfällige Zinsanstiege besser zu kompensieren. Aktuelle Profiteure wie Rohstofffirmen oder die zu Beginn der Korrektur überbewerteten Wachstumsfirmen entsprechen unseren langfristigen Qualitätsanforderungen nicht. Kurz- bis mittelfristige Marktverwerfungen hingegen sind Bestandteil des Investierens und bieten auf lange Sicht attraktive Gelegenheiten, um von Bewertungsabweichungen zu profitieren.
Zürich, Ende Juni 2022